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Wenn Einsamkeit krank macht.

Beinahe jeder dritte Deutsche fühlt sich einsam. Besonders gefährdet sind alleinlebende Menschen. Diese Experten-Tipps helfen aus der Einsamkeits-Spirale …

Einsamkeit macht krank: „Fehlende oder nicht ausreichende soziale Kontakte können uns nicht nur unglücklich und unzufrieden machen, sondern wirken sich auch psychisch und physisch vielfach negativ aus“, sagt Dr. Andreas Hagemann, Ärztlicher Direktor der nordrhein-westfälischen Privatkliniken Duisburg, Eschweiler und Merbeck.  „Dauert dieser Zustand längere Zeit an, so sind unter anderem Stoffwechsel- und Schlafstörungen, Müdigkeit, Nervosität und Reizbarkeit bis hin zur Depression mögliche Folgen“, warnt der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Nicht ohne Grund bezeichnet die Weltgesundheitsorganisation WHO Einsamkeit inzwischen als Pandemie des 21. Jahrhunderts.

Ohne soziale Kontakte zu sein, widerstrebt der genetischen Veranlagung. „Als Gemeinschaftswesen entspricht das Leben in einer Gruppe der menschlichen Natur“, erläutert Dr. Hagemann. „Zudem bietet es evolutionsgeschichtlich lebenswichtigen Schutz vor Gefahren.“ Nicht weniger bedeutend sind die Vorteile in der heutigen Zeit: „Wir wissen, dass soziale Kontakte, also konkret der Gedankenaustausch und das Gefühl der Zugehörigkeit, unsere Lebensqualität steigern und unser psychisches und physisches Wohlbefinden wesentlich fördern“, erläutert der Experte. Dies beginnt bei der Stärkung des Immunsystems und endet bei dem präventiven Schutz vor Depressionen. Wer hingegen sozial isoliert ist oder sich so fühlt, der leidet vielfach körperlich und seelisch. „Dabei ist die Qualität der sozialen Beziehungen wichtiger als die Quantität“, betont der Facharzt.

Studien belegen gesundheitliche Schäden der Einsamkeit

Dass fehlende soziale Bindungen krank machen, belegen diverse Studien. „Die negativen Auswirkungen hat nicht zuletzt die Phase der Corona-Pandemie gezeigt, in der Kontakte reglementiert und sogar zeitweise ganz verboten waren“, führt Dr. Hagemann aus. Experten gehen davon aus, dass dadurch insbesondere die Einsamkeit bei jungen Menschen erheblich zugenommen hat. Fast jeder zweite fühlte sich damals einsam, berichten Experten. Heute ist es laut Studien jeder Dritte.

Während bei älteren Menschen oftmals der Verlust des Partners oder von Freunden, aber auch schwere Erkrankungen zu erzwungener Einsamkeit führen, sind es bei den Jüngeren häufig Ausbildung oder Studium. „Vielfach bedeuten auch längere Zeiten der Arbeitslosigkeit einen Umbruch, der psychisch und sozial belastet“, weiß Dr. Hagemann. Aber auch Menschen, die sich selber intensiv um andere kümmern, kommen oft selber zu kurz. „Trotz eines intensiven Kontaktes zu meist abhängigen Personen wird das eigene Bedürfnis nach Beziehung nicht befriedigt“, so der Facharzt.

Alleinlebende sind gefährdeter  

Einsamkeit ist auch keine Frage des Alters oder des Geschlechts. Jeder kann grundsätzlich davon betroffen sein. „Ein erhöhtes Risiko unter sozialer Isolation zu leiden und davon regelrecht krank zu werden haben Menschen, die alleine leben“, berichtet Dr. Hagemann, „insbesondere, wenn diese Lebensform nicht bewusst gewählt wurde.“ Steckt dahinter jedoch die klare Entscheidung gegen eine feste Beziehung oder Lebenspartnerschaft, so bedeutet ein Single-Haushalt nicht zwangsläufig Einsamkeit. „Längst nicht jeder Mensch, der alleine lebt, empfindet dies als Manko“, betont der Experte. Vor allem enge Freundschaften können der Einsamkeit in diesem Fall entgegenwirken. Ist jedoch mit dem Alleinleben eine soziale Isolierung verbunden, so sind negative Auswirkungen sehr häufig.

So entkommen Betroffene der Einsamkeitsspirale

Wichtig ist es, sich einzugestehen, dass man einsam ist und sich auch so fühlt. „Kenne ich das Problem, so kann ich dem gezielt entgegenwirken – beispielsweise durch vermehrte Treffen mit Familie, Freunden oder Kollegen“, empfiehlt Dr. Hagemann. Wichtig dabei: „Achten Sie bitte darauf, dass Sie sich mit Menschen umgeben, die Ihnen wirklich guttun und nicht durch ihr negatives Verhalten das Gegenteil bewirken.“

Gute Kontaktmöglichkeiten bieten auch Gesangs- oder insbesondere Sport-Vereine. Denn bei vielen psychischen Beschwerden helfen körperliche Bewegung oder gemeinsame Aktivitäten nachweislich. „Neuere Studien weisen darauf hin, dass so auch den negativen Auswirkungen von Einsamkeit entgegengesteuert werden kann“, sagt der Mediziner.

Um die Einsamkeit zu vertreiben und dem Leben einen Sinn zu geben, kann es auch helfen, ein Ehrenamt zu übernehmen oder anders sozial tätig zu werden. „Klappt es nicht mit persönlichen Kontakten, so sind Telefonate oder Video-Konferenzen immer noch besser als gar kein Kontakt“, ist sich Dr. Hagemann sicher. Übrigens ist oft auch schon der kurze oberflächliche Plausch mit dem Nachbarn oder dem Briefträger hilfreich, um auf andere Gedanken zu kommen.

Darüber hinaus können auch Haustiere, in erster Linie Hunde, gesellige Partner sein. Bitte zuvor aber genau überlegen, ob dies auch langfristig eine Option ist, damit der Vierbeiner nicht irgendwann im Tierheim abgegeben wird.  

Wann ist professionelle Hilfe nötig?

Wer sich einsam fühlt, sollte diesen Zustand nicht einfach ignorieren. „Denn erfahrungsgemäß wird es mit der Zeit immer problematischer, den ersten Schritt aus der Isolation zu unternehmen, wir verlernen regelrecht in Kontakt zu treten“, weiß Dr. Hagemann aus vielen Patientengesprächen. Wird die Einsamkeit immer mehr zur Belastung und fühlen sich die Betroffenen regelrecht verloren, so sollten sie zeitnah einen Arzt oder Therapeuten konsultieren. „Von alleine wird sich das Problem nicht lösen, wichtig sind fundierte Strategien mit professioneller Unterstützung“, betont der Psychiater. „Erste Hilfe“ können soziale Einrichtungen geben. Rund um die Uhr erreichbar ist beispielsweise die Telefonseelsorge unter 0800 111 0 111 und der 0800 111 0 222.

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Veröffentlicht am: 8. Januar 2025

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