Von Mobbing-Opfern, Mobbern und immensen Kosten mobbender Systeme

Mobbing entsteht am Arbeitsplatz, in der Schule oder Familie und kann jeden treffen: den Chef, den Angestellten, das Kind, wie auch Eltern oder Großeltern. Es wird als psychosoziale Belastungssituation bezeichnet und als Beziehungsstörung mit erheblichen gesundheitlichen Auswirkungen für das Opfer und hohen finanziellen Auswirkungen diagnostiziert. Es stört den sozialen Frieden und erfordert zielführende Interventionen dem Opfer, dem Täter und dem System gegenüber!

Fallbeispiel:

„Ein 42-jähriger Patient arbeitet schon seit 17 Jahren bei seinem Arbeitgeber. 15 Jahre lang war er im gleichen Kontext als Energieanlagenelektroniker eingesetzt gewesen, bis es zu einer strukturellen Veränderung im Betrieb kam und er versetzt wurde. Das erste Jahr fühlte er sich im neuen Team mit neun Mitarbeitern sehr wohl. Er selbst erlebt sich auch als kommunikativer und offener Mensch, weswegen er mit der Versetzung durchaus auch einverstanden war. Dann machte er plötzlich von einem Tag auf den anderen die Erfahrung, dass zwei Kollegen aus dem Team ihn nicht mehr grüßten, wegschauten, wenn er ihnen begegnete. Er reagierte sehr irritiert und sprach sie darauf an, erhielt jedoch keine befriedigende Antwort, sondern sie wichen ihm aus. Er spürte immer mehr, dass diese beiden ihn nicht dabeihaben wollten und er sprach dies auch bei seinem Vorgesetzten an. Dieser jedoch zuckte mit den Schultern und antwortete, dass er da auch keine Handhabe sehe, wie er darauf einwirken könne.

Der Patient bemerkte, dass, mit zunehmender Dauer geschnitten zu werden, er mit immer weniger Lust zur Arbeit ging, er morgens schon Kopfschmerzen bekam, sich Übelkeit bis Erbrechen einstellte, und auch Schwindel. Er führte dies zunächst auf einen banalen Infekt zurück und ließ sich für ein/zwei Tage krankschreiben. Es wiederholte sich jedoch, es kamen Schlafstörungen dazu, allgemeine Reizbarkeit und er wurde zuletzt von Freunden und seiner Frau darauf angesprochen. Sie empfahlen ihm, sich psychiatrisch behandeln zu lassen, weil er auf sie depressiv wirkt. Dies wehrte er lange Zeit ab, wusste jedoch zuletzt keinen anderen Ausweg, nachdem die Beschwerden massiv zunahmen und die Abstände von einer mehrtägigen Krankschreibung zur nächsten immer enger wurden und auch seine Kinder sich beschwerten, dass er so reizbar sei, mehr schimpfe und es gar keinen Spaß mehr mit ihm mache, ging er zum Hausarzt und ließ sich zu einer psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung überweisen. Von diesem wurde er für vier Wochen krankgeschrieben und eine ambulante Psychotherapie begann“.

Mobbing-Opfer:

Der Patient hat alle Stadien des Mobbings durchlaufen:

Erfahrung,

  1. dass für ihn ohne ersichtlichen Grund sich die Beziehung zu jemandem ins Negative verändert, sein Bedürfnis nach Zugehörigkeit verletzt wird. Durch die hiervon ausgelösten Emotionen wird viel Energie verbraucht, die ihm bei der Leistungserbringung fehlt
  2. dass es nicht möglich ist, die Beziehung im direkten Gespräch zu klären
  3. dass Vorgesetzte oder andere Kollegen weggucken bzw. sich außerstande sehen zu schlichten
  4. dass sich psychovegetative Symptome entwickeln, die ihn verunsichern, bzw. deutlich beeinträchtigen
  5. dass er sich wiederholt für kurze Zeit krankschreiben lässt wegen unterschiedlicher Symptome und u.U. umfangreiche Untersuchungen durchgeführt werden um körperliche Erkrankungen auszuschließen
  6. dass zunehmende Depressivität ihn in psychiatrisch-psychosomatisch-psychotherapeutische Behandlung führt, zunächst ambulant, ggfs. jedoch auch tagesklinisch / klinisch

Mobbendes System:

Dieser Verlauf macht erkennbar, dass Mobbing im System abläuft:

  • Der Ausschluss des Opfers aus der Teamgemeinschaft verletzt und weist auf ein Managementfehlverhalten
  • Das Opfer kann schwer erkranken und seine Leistungsfähigkeit wird über sehr lange Zeit beeinträchtigt
  • Erhebliche Ausfallzeiten von manchmal bis zu mehreren Monaten und hohe Untersuchungs- und Behandlungskosten verursachen großen finanziellen Schaden
  • Mobbende Systeme lähmen den Teamgeist, rauben Kreativität und Eigeninitiative eines jeden einzelnen. Lebendigkeit und Dynamik gehen verloren.

Wertschöpfung kommt von Wertschätzung

Wird anerkannt, dass nicht nur der Mobber, sondern das ganze System, dass das Mobbing zugelassen hat, zur Disposition steht, wird es möglich, Krisen- und Konfliktmanagement zu verbessern. Ziele sind:

  • Verbesserung der Beziehungen im Team durch offenes Ansprechen mit der Suche nach Lösungen, wie der Ausgeschlossene wieder ins Team hereingeholt werden kann
  • Erhöhung der Begegnungsfrequenz und -intensität der Präsenz, der Leitung, mit den Teammitgliedern, bis es zu einer Wiederbelebung des verlorenen Teamgeistes gekommen ist.
  • Bewusster vier Mal loben bevor Sie einmal Kritik üben (goldene Regel guter Personalführung)

Nicht das Opfer, sondern die Mobber müssen ihr Verhalten infrage stellen und korrigieren. Die anderen müssen lernen, nicht wegzuschauen, sondern mehr Zivilcourage zu zeigen, hinzugucken und erkennbar machen, dass etwas nicht richtig läuft.

Zusammenfassung:

Überall, wo Menschen sich begegnen und gemeinsam Aufgabenstellungen lösen, insbesondere in allen sozialen Berufen, kommt es zu Konflikten untereinander. Damit dieser Wirklichkeit genüge getan wird, ist ein systemisches Konfliktmanagement zur Pflege einer guten Teamkultur hilfreich. So lässt sich Mobbing begegnen bzw. verhindern.

„Bei diesem Fallbeispiel handelt es sich um eine frei erfundene Geschichte. Die dargestellten Personen sind ebenso frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit real existierenden Menschen sind rein zufällig. Alle beschriebenen Handlungen sind zwar an die Realität angelehnt, beziehen sich aber nicht auf konkrete Begebenheiten. Auch hier sind alle Ähnlichkeiten rein zufällig.“

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Veröffentlicht am: 4. Februar 2018

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