Depressionen – verstehen, erkennen, bewältigen und vorbeugen.
Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation erkranken vier bis neun Prozent der Weltbevölkerung an depressiven Störungen; dies entspricht etwa 250 Millionen Menschen. Das körperliche und psychische Wohlbefinden, die berufliche Leistungsfähigkeit, die familiäre Situation und das gesamte Lebensgefühl sind davon unmittelbar betroffen und zumeist erheblich beeinträchtigt. Anhaltende Niedergeschlagenheit, Interessen- und Antriebslosigkeit, Schlaf- und Konzentrationsstörungen sowie Hoffnungs- und Hilflosigkeit quälen die Betroffenen häufig jeden Tag so stark, dass selbst Gedanken von Lebensüberdruss auftauchen können, die wiederum zermürbende Gedanken der Wertlosigkeit und Schuld anheizen können.
Trotz der oft erheblich belastenden Symptomatik und wegen der häufig zermürbenden Hoffnungslosigkeit möchten wir gleich zu Anfang betonen, dass die Depression eine gut behandelbare seelische Erkrankung ist.
Woran erkennt man eine Depression?
Wir möchten Ihnen nun kurz die typische Geschichte einer Frau mit einer Depression schildern: Frau M., eine 34jährige Lehrerin, Hausfrau und Mutter, die bisher sehr gut mit ihrem Leben zurechtkam, konnte an diesem Morgen kaum aufstehen, ihr Schlaf war schlecht, weite Strecken der Nacht verbrachte Sie wach und quälerisch grübelnd. Die einfachsten Aktivitäten erschienen wie ein großer, nicht zu bewältigender Berg. Das Denken und Reden fiel ihr schwer. Dinge, die ihr sonst Freude bereiteten – ins Kino gehen, ein Buch lesen, Essen gehen – konnte sie schon einige Zeit nicht mehr genießen. Sie fühlt sich seit längerem die meiste Zeit über erschöpft, die Glieder hingen wie Blei an ihr. Der Haushalt bleibt liegen, ihre Kinder fühlen sich vernachlässigt. Ihr Ehemann kann nicht verstehen, was mit ihr los ist, und zeigt in letzter Zeit immer häufiger Ungeduld. Ihrer Arbeit als Lehrerin fühlt sich Frau M. nicht mehr gewachsen, ihr Gedächtnis ist wie ein Sieb, sich auf Bücher oder Gespräche zu konzentrieren kann Sie schon lange nicht mehr, sie lässt sich krankschreiben. Sie fühlt sich wertlos, hilflos und hoffnungslos, die Gefühle auch gegenüber den ihr liebsten Menschen werden unklarer, was Sie zusätzlich sehr quält.
Fallbeispiel: Frau M. ist an einer Depression erkrankt. Sie ist nicht faul oder willensschwach. Sie ist krank und benötigt Behandlung. Eine depressive Erkrankung ist nicht mit einer vorübergehenden Stimmung der Traurigkeit, Niedergeschlagenheit und des Unglücklichseins, wie wir es alle ab und an erleben, zu verwechseln. Sie ist auch nicht zu verwechseln mit tiefer Trauer, die auftreten kann, wenn eine nahestehende Person gestorben ist. Depressive Verstimmungen dieser Art sind normale und vorübergehende Reaktionen auf äußere Ereignisse und belastende Erfahrungen, die nach einiger Zeit wieder vorübergehen. Im Gegensatz dazu halten Niedergeschlagenheit und die anderen Symptome bei einer Depression über einen längeren Zeitraum an und werden als sehr beeinträchtigend empfunden. Die depressive Erkrankung wirkt sich in negativer Weise auf die Gefühle und Gedanken, das Verhalten und auf das körperliche Befinden aus, kann sogar vorübergehend den Lebensmut nehmen.
Folgende Symptome gehören dazu:
- Anhaltende Niedergeschlagenheit oder Traurigkeit oder ein „Gefühl der Gefühllosigkeit“
- Verlust von Interesse und Freude an Dingen, die früher Spaß gemacht haben
- Appetit- oder Gewichtsveränderungen (Zu- oder Abnahme)
- Erschöpfung, Energieverlust oder verminderter Antrieb
- Schlafstörungen
- Gefühle der Hoffnungslosigkeit, Pessimismus
- Konzentrationsschwierigkeiten und Vergesslichkeit
- Unruhe oder Apathie
- Körperliche Beschwerde (beispielsweise Schwindel, Kopfschmerzen, Kloßgefühl im Hals)
- Grübelzwänge
- Häufige Gedanken an den Tod oder Selbstmordpläne
Falls jemand an mehreren dieser Symptome leidet, verbirgt sich hinter den Beschwerden möglicherweise eine Depression. Die Depression ist eine Krankheit, deren man sich nicht zu schämen braucht. Sie muß, wie jede andere Krankheit auch, behandelt werden.
Eine Depression tritt bei einem Teil der Betroffenen in Phasen auf, es handelt sich also dann um eine wiederkehrende Erkrankung.
Wie sollten sich Angehörige und / oder Freunde verhalten?
Leidet ein Familienmitglied an Depressionen, so wird das ganze Familienleben belastet. Die Kommunikation mit dem kranken Familienmitglied ist schwierig, üblicherweise ausgeführte Arbeiten bleiben liegen, Familienangehörige werden vernachlässigt, an gemeinsamen Aktivitäten kann sich der Depressive nicht beteiligen. Es entsteht der Eindruck von Gleichgültigkeit.
Häufig werden dem Depressiven zunächst vermehrte Aufmerksamkeit und Zuwendung entgegengebracht. Verändert sich jedoch durch diese Maßnahmen nichts, können anfängliches Mitleid in Ungeduld und Hilflosigkeit umschlagen. Diese Reaktion stellt dann häufig für den Depressiven eine weitere Belastung dar.
So können Familienangehörige und Freunde dem Betroffenen helfen:
Versuchen Sie, so viel wie möglich über Depression zu lernen. Je besser Sie wissen, was Sie erwarten und wie Sie damit umgehen können, desto weniger bedrohlich wird die Krankheit erscheinen. Akzeptieren Sie (ein einem individuellen Prozess!) die Tatsache, dass Ihr Angehöriger unter einer depressiven Erkrankung leidet und deswegen bestimmte Verpflichtungen und Rollen vorübergehend nicht erfüllen kann. Treffen Sie gemeinsam Entscheidungen, wie am besten damit umzugehen ist (beispielsweise zusätzliche Hilfe im Haushalt).
Versuchen Sie, die Beziehung so normal wie möglich aufrecht zu erhalten, und sprechen Sie offen miteinander. Geben Sie dem Betroffenen zu verstehen, dass Sie wissen, wie sehr er leidet. Drücken Sie ihr Verständnis, ihre Gefühle und ihre Sorge aus. Versuchen Sie, Mut und Hoffnung zu geben. Bleiben Sie dabei echt, nicht überoptimistisch.
Helfen Sie, den Tagesablauf zu strukturieren und zu gestalten. Machen Sie den Betroffenen auf verzerrtes, negatives Denken aufmerksam, ohne dabei kritisch oder mißbilligend zu sein. Ermutigen Sie Ihren Angehörigen, sich in Behandlung zu begeben. Sie selbst können nicht die Rolle des Arztes oder Therapeuten übernehmen. Viel Geduld ist nötig. Oft müssen erhebliche Opfer gebracht werden. Suchen Sie gegebenenfalls selbst beim Arzt oder Therapeuten Hilfe, um sich zu erleichtern.
Wodurch wird eine Depression verursacht oder ausgelöst?
Der genaue Mechanismus der Verursachung einer Depression ist bisher noch nicht vollkommen geklärt. Die derzeit untersuchten ursächlichen Faktoren werden in genetische, biologische und psychosoziale unterteilt. Es besteht weitgehend Einigkeit darin, dass neben einer gewissen Anfälligkeit für diese Krankheit Stressfaktoren eine wichtige Rolle spielen. Bei manchen Menschen scheint eine bestimmte Ursache für die Depression verantwortlich zu sein; andere wiederum werden ohne irgendeinen ersichtlichen Grund depressiv.
Welche Behandlungsformen stehen zur Verfügung?
Viele Menschen denken, dass die Depression von selbst wieder weggeht, dass Hilfe aufzusuchen ein Zeichen von Schwäche darstellt oder dass sie zu alt sind, um sich in Therapie zu begeben. Diese Sichtweisen sind ungünstig und falsch. Von allen psychiatrischen Erkrankungen gehört die depressive Störung zu denen mit dem besten Behandlungserfolg. Es gibt verschiedene Formen der medikamentösen Therapie, der psychotherapeutischen Behandlung oder der Kombination dieser beiden Verfahren. Es bestehen außerdem noch seltener verwendete nichtmedikamentöse Methoden wie z. B. Lichttherapie, Schlafentzug oder Elektrokrampftherapie, über die Sie Ihren Arzt oder Therapeuten befragen können. Die Wahl der Behandlungsform hängt u. a. von der Art der Depression, der Schwere, den verschiedenen Symptomen und dem Wunsch des Patienten ab.
Sowohl bei der psychotherapeutischen als auch bei der medikamentösen Behandlung ist zu beachten, dass die Genesung von der Depression nicht sofort, sondern meist erst nach einigen Wochen eintritt. Das Abklingen einer depressiven Episode verläuft außerdem in der Regel unter Auftreten von Schwankungen. Nach einer Besserung kann kurzfristig wieder eine Verschlechterung eintreten. Zeit und Geduld von allen Beteiligten sind eine wichtige Voraussetzung für den Behandlungserfolg.
Ratgeber und nützliche Internet-Adressen
http://www.kompetenznetz-depression.de/
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